Klare Kommunikation und Transparenz!

Meine Rede zur Akzuellen Stunde: "Mit Sicherheit zur Normalität: Heimat beschützen - Freiheit zurückgewinnen - Corona besiegen!"

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Sehr geehrte Frau Präsidenten, geschätzte Kolleg:innen,

die Menschen in Bayern sind müde. Sie sind frustriert und sie sind zutiefst verunsichert. Schon längst zählt niemand mehr mit bei den Änderungen der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung und schon längst blickt niemand mehr durch.

Eltern erfahren Freitag abends per Mail, ob und wie ab Montag der Unterricht stattfindet oder die Kinder betreut werden können. Schulleitungen verweisen entnervt auf die Presse, weil sie auch nicht schneller informiert werden.

In den Pflegeeinrichtungen haben die Bewohner:innen und Mitarbeitenden zwar längst Impfangebote erhalten, an der Situation dort ändert sich indes viel zu wenig.
Jede Diskussion um Öffnungen von Skiliften und Baumärkten wird dynamischer vorangetrieben als die über die vulnerabelsten Gruppen dieser Gesellschaft.

Wer ständig ruft: „Folgt mir, ich weiß auch nicht, wo es lang geht!“ muss sich nicht wundern, wenn immer weniger Menschen bereit sind, den planlosen Zickzack-Kurs mitzugehen. Die Menschen in Bayern haben Besseres verdient, als sich zwischen den Profilierungsbedürfnissen karriereorientierter Ministerpräsidenten aufreiben zu lassen: Sie brauchen Perspektiven, Sicherheit und klare, nachvollziehbare Kommunikation.

Regeln, die für alle gelten. Regeln, die alle nachvollziehen können und Regeln, deren Durchsetzung Hoffnung gibt:
Den Eltern, den Kindern und Jugendlichen, den Hochbetagten, den Angestellten, den Selbstständigen, den Kulturschaffenden, den Gastronom*innen und nicht zuletzt denen, die in den Kliniken um jedes Leben kämpfen und längst über den Rand der Erschöpfung hinaus sind.

Jetzt, auf dem Scheitelpunkt der dritten Welle, brauchen die Menschen Vertrauen. Vertrauen, dass ihre demokratisch gewählten Vertreter*innen keine größeren Sorgen haben, als möglichst gut durch diese Krise zu navigieren. Gut und klar mit einer bundeseinheitlichen Richtung!

Stattdessen klagen die Freien Wähler nun in Karlsruhe gegen die Entscheidungen aus Berlin, die sie in München als Regierungsfraktion beschlossen haben.
Die CSU lässt wegen sechzig Minuten Hin oder Her bei der Ausgangssperre die Muskeln spielen und die Regierungsfraktionen tragen ihre Machtkämpfe öffentlich aus.

Das, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, verspielt den letzten Rest Vertrauen und ist einer Regierungsfraktion nicht würdig!

Und jetzt reden wir also über „Sicherheit, Normalität, Heimat und Freiheit“. Ein Titel für die aktuelle Stunde wie aus dem Framinghandbuch für Plattitüden, Freie Wähler!

Wir Grüne fordern stattdessen seit Monaten Perspektiven, Transparenz und Schutz für ganz reale Menschen mit ganz realen Leben.
Was wir mit Perspektiven sicherlich nicht meinen, sind Öffnungswettbewerbe, die den Menschen hier und da ein Zuckerl vor die Nase halten, sondern einen klaren Fahrplan mit eindeutigen und nachvollziehbaren „Wenn – Dann“ Regelungen – übrigens schon mehrfach hier im Landtag angemahnt.
Dabei steht für uns der Schutz der Gesundheit und der Schutz des Gesundheitssystems vor dem Kollaps ganz eindeutig im Fokus.

Die Freien Wähler fordern schon lange, dass die Auslastung der Intensivstationen mehr in den Fokus muss: Also schauen wir doch auf die Intensivstationen, die so voll gelaufen sind, dass sie sich bei den Rettungsleitstellen abmelden.

Wohin soll ich als Notfallsanitäter denn in meiner nächsten Schicht den Patienten mit dem Herzinfarkt oder die Opfer eines Unfalls bringen? Die Stationen sind jetzt in dieser Sekunde fast voll mit Menschen, die intubiert und in Bauchlage beatmet werden – und ich kann ihnen aus eigener Erfahrung sagen, dass es weder für den Patienten noch für die Pflegekraft „normal“ oder „Freiheit“ ist, einen Menschen nach 48 Stunden Bauchlage wieder umzudrehen: Die vollkommen zugeschwollenen Augen zu versorgen und Spucke, Schleim und sonstige Körperflüssigkeiten aus dem Tubus bzw. der Nase zu saugen und dabei noch die Katecholamine so anzupassen, dass er dabei nicht reanimationspflichtig wird. Und wenn wir diesen Kampf um ein Leben doch noch gewinnen, dann stehen diese Menschen auch nicht einfach so wieder auf und leben Ihr Leben weiter!

Jetzt, in der dritten Welle, sind diese Patient*innen im Schnitt 48 Jahre alt. Junge Leute, die der Virus mitten aus dem Leben gerissen hat! Sie liegen Wochen, vielleicht Monate auf der Intensivstation und verlangen denen, die sie pflegen, alles ab.

Das Beatmungsmanagement eines Covid-19 Patienten lässt keinen Platz für Pausen. Und während Pflegefachkräfte vollkommen ausgelutscht von der Pandemie ihrem Beruf den Rücken kehren, weil sie physische und psychische Belastung nicht mehr aushalten, diskutieren Sie hier und heute ernsthaft über Normalität und Heimat?
Für Pflegefachperson ist seit einem Jahr überhaupt nichts normal und ihre Heimat sehen sie nach zwei Doppelschichten für ein paar Stunden zum Schlafen.

Das ist nicht solidarisch, was Sie hier gerade gefordert haben! Das ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer und Ihrer Angehörigen!

Wie wollen Sie das den Kindern, die in dieser Pandemie ihre Eltern verlieren, denn erklären, liebe Fraktion der Freien Wähler? Wollen Sie denen wirklich was von Biergärten erzählen und ihnen vorrechnen, wie lang die Tische dort für die vielen Kumpel von Herrn Aiwanger sein müssen?

Wir Grüne wollen das sicher nicht! Wir wollen diesen Kindern Perspektiven geben, indem wir ihre Familien, ihre Eltern und Großeltern, ihre Tanten und Onkel schützen.

Wir sprechen uns klar und deutlich dafür aus, die Notbremse wirksam zu ziehen und die lockeren Öffnungen zurückzunehmen: Dazu braucht es eine Homeoffice-Pflicht, überall dort wo es geht,
verbindliche Testpflicht und FFP2-Masken-Pflicht an Arbeitsplätzen in Präsenz. Alle Bereiche der Gesellschaft müssen ihren Teil zur Eindämmung der Pandemie beitragen.
Der Fokus bei allen Maßnahmen muss auf der Auslastung des Gesundheitssystems und der Verfügbarkeit von Intensiv-Versorgung liegen.
Es braucht klare Kommunikation und Transparenz!

Wir müssen den Menschen zeigen, dass es uns ernst ist, indem wir alle Bereiche einbeziehen und auch klare Anforderungen außerhalb privater Einschränkungen stellen!

Daraus ergibt sich genug Arbeit für den Wirtschaftsminister: In dieser Heimat warten die Soloselbständigen, Unternehmerinnen und Arbeitgeber nämlich auch immer noch auf die vollmundig zugesicherten Hilfen!

Wir müssen uns den schmerzlichen Aufgaben der Pandemie stellen, damit die hier beschworene „Normalität“ als aller Erstes zu denen zurückkehrt, die am meisten unter der Krise leiden: den ganz jungen, den betagten, denen, die ohne Unterstützung nicht durch den Alltag kommen. Erst danach können wir uns wieder um politische und private Eitelkeiten kümmern.

Vielen Dank!

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