Der Bayerischen Staatsregierung fehlt nur der Wille, Geld an den richtigen Stellen zu investieren!
Haushaltsdebatte 2022
Die neue Liberalitas Bavariae der Staatsregierung scheint die Freiheit zu sein, sich für die Pflegepolitik nicht zuständig zu fühlen. Es fehlt weder an Geld noch an Erkenntnissen, sondern schlicht am politischen Willen, das Geld an den richtigen Stellen zu investieren.
Die Staatsregierung hat die Handlungskompetenzen, sie muss nur die Hand an die richtigen Hebel legen, statt mit dem Finger nach Berlin zu zeigen!
Wir können es uns schlicht nicht leisten, auch nur eine weitere Pflegeperson, professionelle Fachkraft oder pflegende*r Angehörige*r zu verlieren.
Zum Nachlesen:
Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Ja, schon bereits Stunden, nachdem die neue Ampelregierung in Berlin die Verantwortung übernommen hat, fing die Staatsregierung hier in Bayern an, sich aus der Verantwortung für diesen Freistaat zu ziehen. Die neue Liberalitas Bavariae der Staatsregierung ist anscheinend, sich möglichst überall in diesem Freistaat nicht mehr zuständig zu fühlen. Und genau nach diesem Motto hört man, eit das die Ampel vereidigt wurde in Berlin den Gesundheitsminister auf bayerischer Ebene zwar mit klugen Ideen um die Ecke kommen, aber dann diese klugen Ideen ständig von der Bundesregierung auch einzufordern.
Anstelle dass er die Hebel und das Zepter des Handelns für die so wichtige Politik – der Gesundheits- und Pflegepolitik, – Herr Kollege Kühn hat es angesprochen – endlich selber in die Hand nimmt. Man müsste meinen, man müsste meinen, wenn es ja so wenig auf bayerischer Ebene an Kompetenzen gibt, dass dementsprechend auch wenig finanzielle Mittel in einem bayerischen Staatshaushalt eingeplant werden. Schaut man aber in diesen bayerischen Staatshaushalt, kommt einem ganz andere Zahl um’s Ohr – 885 Millionen für diesen wichtigen Bereich. 885 Millionen, das kann ich aber vorwegnehmen, sehr geehrter Minister, die komplett falsch eingeplant sind und komplett an die falsche Struktur auch geliefert werden. Ich kann Ihnen aber auch weiterhelfen. Herr Kollege Kühn: Sie haben es angesprochen Landespflegegeld – noch immer, noch immer geben wir jährlich 430 Millionen Euro als damals 2018 extrem teures Wahlgeschenk von der Söder Regierung an die Bürger und Bürgerinnen aus. Der Nutzen für die Pflegeinfrastruktur in diesem Freistaat ist gleich null mit diesen 430 Millionen Euro und ich frage Sie: 430 Millionen Euro besser angelegt in sektorenübergreifende Initiativen, 430 Millionen angelegt in nachhaltige Versorgungs- modelle, 430 Millionen angelegt in Beratungs- und Unterstützungsangebote. Herr Kühn, Sie haben die Pflegestützpunkte angesprochen, 430 Millionen angelegt in Gesundheitsförderung und Prävention für Pflegende, und zwar egal ob professionell Pflegende oder Angehörige, die sich ihrer Pflegeperson widmen.
Jede Pflegefachperson zählt, Herr Minister, und wir können es uns im Jahr 2022 gerade nach dieser Pandemie schlicht nicht leisten, schlicht nicht leisten, dass wir auch in Zukunft nur eine einzige Pflegefachperson weiter verlieren. Der Barmer Pflegereport zeigt doch, dass die Zahl der Menschen, die auf Pflege in Zukunft angewiesen sein werden, dramatischer wächst, als wir uns das noch letztes Jahr überhaupt vorstellen hätten können. Die pflegenden Angehörigen zu Hause, ja, die können nicht mehr mehr schultern. Auch die hätten diese 430 Millionen für ein Wahlgeschenk deutlich besser gebraucht, wenn wir sie in Gesundheitsförderung, in Kurzzeitpflege, in Tagespflege oder einfach in Präventionsprogramme steckt. Wo ist denn diese? Wo ist denn die Landespflegestruktur Planung? Wo ist die Beratung und die Unterstützung in der Fläche? Wo sind die versprochenen Pflegestützpunkte? Im Übrigen, Herr Kühn, Sie haben 16 in der Zahl, die es zusätzlich geben soll, angesprochen.
Im Jahr 2008 war geplant in jedem einzelnen Landkreis in diesem Freistaat soll ein Pflegestützpunkt entstehen. Da bringen uns die 16 jetzt die dann im nächsten Jahr entstehen auch nur maßvoll weiter. Wo ist das, was der Minister auf Bundesebene fordert, hier in diesem Haushalt zu finden? Es ist schlicht nicht vorhanden. Wo ist die Förderung von innovativen Konzepten? Advanced Nursing Practitioners, mobile Teams, Demenz WGs oder sektorenübergreifende Versorgung? All das, meine Damen und Herren, all das liegt in der Kompetenz des Freistaats Bayern und damit sehr geehrter Herr Holetschek, auch in Ihrer Kompetenz. Wo ist eigentlich der Meisterbonus für fachweitergebildete Pflegekräfte, die heute noch immer versuchen verzweifelt irgendwie auch nur eine Rechnung mit der sogenannten “harten Holetschek Währung”, dem bayerischen “Vergelt’s Gott” zu bezahlen? Wo erkennen Sie, lieber Herr Minister, dass 14 Millionen für eine Digitalisierungsoffensive ja wahrscheinlich nicht mal reichen dafür, dass man die Münchner Kliniken auf dem digitalen Stand des Jahres 2022 bringt.
Sie haben, und da möchte ich auch ausdrücklich sagen, die grüne Forderung zu einer Steigerung der in Bayern, das sei mir auch erlaubt, bedauernswert niedrigen Akademisierungsquote in der Pflege versucht umzusetzen und hier auch Mittel einzustellen. Erst mal dafür Danke, aber aber es kommt zu wenig. Ich kann auch sagen, warum zu wenig kommt. Der Wissenschaftsrat der Bundesregierung fordert eine Akademisierungsquote. Im Übrigen waren wir uns da im Ausschuss auch einig, dass wir die erreichen wollen von 20% in der professionellen Pflege. Bayern steht bei 0,4 – bei 0,4%! 20% sollen wir erreichen. Heißt wir müssen in den nächsten Jahren das ganze Thema verzwanzigfachen. Warum ist denn das Interesse an den primär qualifizierenden Pflegestudiengängen noch immer so gering? Ja, weil es für die Studierenden noch immer keine Vergütung gibt für ihre Praxiseinsätze.
Ja, sie wollen sich auf der Bundesebene für eine für eine einheitliche Regelung einsetzen. Aber hier, konkret im Freistaat Bayern, da müssen die Stipendien ausbezahlt werden, dort muss Geld investiert werden! Da haben wir Nachholbedarf! Dort müssen die Unis und die Hochschulen auch so auskömmlich finanziert werden, dass es leicht ist, die fehlende, noch immer fehlende Refinanzierung der Praxisanleitung im Rahmen des Studiums dann auch wirklich umzusetzen und auch mit den dementsprechenden Mitteln auszustatten.
Im Übrigen und damit komme ich zu dem alljährlich gleich gewählten Schluss bei der Haushaltsdebatte: Im Übrigen bin ich auch im Jahr 2022 noch immer der Meinung, dass die professionelle Pflege es endlich nachdem Island, Norwegen und die ganzen skandinavischen Länder über 100 Jahre bereits Jubiläum einer Pflegekammer feiern, es der Freistaat Bayern und die dort arbeitenden Pflegekräfte redlich verdient hätten, eine eigene berufsständische Selbstverwaltung in Form einer Pflegekammer endlich zu bekommen. Und ich möchte diese Selbstverwaltung und ich betone Selbstverwaltung, weil dieses Möchtegernkonstrukt der Vereinigung der Pflegenden in Bayern, das auch dieses Jahr wieder voll finanziert im Haushalt steht. Ja warum steht denn das voll finanziert drin? “Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing.” Haben das Pflegefachkräfte in diesem Land wirklich verdient, dass sie der Staatsregierung nach dem Mund reden müssen, weil sie dementsprechend finanziert werden? Wir als Grüne Landtagsfraktion sagen eindeutig: Nein! Nach über acht Minuten der Aussprache von meiner Seite glaube ich, liegt es nahe, wie unser Abstimmungsverhalten zu dem Haushaltsentwurf ist. Ein voller Überzeugung: Nein, nein, so kann man mit der professionellen und mit der Angehörigenpflege in diesem Freistaat nicht umgehen. Wir brauchen diese Menschen und wir müssen es schaffen, dass diese Menschen mit all unserer finanziellen Macht, die wir auch haben, in Zukunft ihre individuellen Aufgaben in unserem Gesundheitssystem auch leisten können.
Vielen Dank!