Leave no one to die!

Stellen Sie sich vor, sie befinden sich gemeinsam mit Ihrer Familie, Ihren Kindern in einer lebensbedrohlichen Situation. Hilfe wäre erreichbar, aber die, sie Ihnen und Ihren Kindern das Leben retten könnten, zögern. Sie denken kurz nach und wenden sich dann von Ihnen ab. Zuerst sterben Ihre Kinder und schließlich auch Sie.

Stellen Sie sich vor, Sie sind mit Ihrer Familie seit Tagen, Wochen unterwegs und Sie haben weder warme Kleidung noch Vorräte oder irgendeine Art von Unterschlupf dabei. Jemand könnte Ihnen Decken und vielleicht das Nötigste schenken, aber die Person wendet sich ab und lässt Sie einfach weiterziehen.

In Italien und in Griechenland werden immer wieder Menschen angeklagt, weil sie Geflüchtete in Seenot vor dem sicheren Tod auf dem offenen Meer gerettet und an Land gebracht haben. In Polen müssen sich Menschen vor Gericht verteidigen, die Geflüchteten Wasser oder Lebensmittel mit auf den Weg geben. Sie gelten nämlich als kriminelle Schleuser, obwohl ihre Hilfe selbstlos ist und sie daraus keinen Gewinn für sich schlagen.

Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung definiert die zivile Seenotrettung klar als „zivilisatorische und rechtliche Verpflichtung“ und stellt sich deutlich gegen ihre Behinderung.

Trotzdem legt Innenministerin Faeser jetzt einen Gesetzentwurf vor, der die Strafverfolgung von Retterinnen und Rettern, die mit ihrer Hilfe keine Gewinnabsicht verfolgen, zumindest möglich macht: Zivile Seenotrettung kann nach §96 des vorgelegten neuen Aufenthaltsgesetzes dem gewerbsmäßigen Schleusertum rechtlich gleichgestellt werden.

Die FDP will an der Möglichkeit der Strafbarkeit ziviler Seenotrettung explizit festhalten, weil Seenotretterinnen und Seenotretter Geflüchtete „systematisch in die EU bringen“ und sich damit „gewollt oder ungewollt zum Bestandteil des kriminellen Schleusersystems machen“. Damit übernimmt die FDP zu 100% eine der menschenverachtendsten Positionen der AfD.

Stellen Sie sich vor, unsere Gesellschaft macht es sich zum Konsens, dass es besser ist Väter, Mütter, Kinder und Jugendliche auf dem Meer einfach sterben zu lassen als sie aus ihrer akuten Lebensgefahr zu retten und weiterhin um menschliche Lösungen zum Umgang mit Flucht und Migration zu ringen. Unser Grundgesetz und unser klares Bekenntnis zur unveräußerlichen Würde des Menschen wären nichts mehr als blanker Hohn.

Diese Verschärfung des Gesetzes kann von niemandem mitgetragen werden, der oder die auch nur einen Funken ganz normalen menschlichen Anstands in sich tragen.

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