Dringender Reformbedarf – Zuspruch und viel Diskussion beim Bayerischen Grünen Krankenhausgipfel
Es braucht eine Reform der Krankenhausfinanzierung, um einem kalten Strukturwandel in der bayerischen Krankenhauslandschaft vorzubeugen. Es ist höchste Zeit! Darin waren sich die geladenen Expertinnen und Experten schon zu Beginn des Bayerischen Grünen Krankenhausgipfels einig.
Als Johannes Wagner, der für die Grünen im Gesundheitsausschuss des Bundestags sitzt und in Berlin an der Reform mitarbeitet, weiter nachbohrte, traten dann aber doch noch einige Meinungsverschiedenheiten zu Tage.
Die Wissenschaftlerin Prof. Dr. Leonie Sundmacher stellte fest: "Das deutsche Versorgungssystem ist derzeit ineffizient." Es werde viel Geld für das Gesundheitssystem ausgegeben, die Personalausstattung sei zahlenmäßig gut und auch die Qualität auf der Ebene des einzelnen Arztes sei sehr gut, aber dies spiegle sich nicht in den Ergebnissen wider. Das System müsse dahingehend reformiert werden, dass die Patient*innen effizient zu der für sie besten Versorgung geleitet würden.
Dazu kommt, dass die meisten Krankenhäuser gerade rote Zahlen schreiben – eine große finanzielle und auch emotionale Belastung für die Kommunen, berichtete Bernd Buckenhofer vom Bayerischen Städtetag.
“Das fallbezogene Finanzierungssystem würde sich durch eine ebenso fallbezogene Vorhaltefinanzierung nicht verbessern, sondern nur noch komplexer werden“, so der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, Roland Engehausen. Er forderte anstelle der Vorhaltefinanzierung für alle Leistungsgruppen eine deutliche Verstärkung der gezielten Zuschläge für nicht planbare Leistungen im Krankenhaus, die systematisch unterfinanziert seien wie z. B. für die Pädiatrie oder Intensivmedizin.
Das alles koste jedoch viel Geld und könne nur durch höhere Beiträge finanziert werden, mahnte der Vertreter der Krankenkassen, Dr. Tobias Hermann von der AOK Bayern, an.
Die Ampel-Regierung hat in den Bundestag einen Vorschlag eingebracht, mit dem das kränkelnde System endlich wieder zukunftsfit gemacht werden soll. Noch diesen Herbst soll die Reform im Parlament beschlossen werden. Mit sogenannten Vorhaltepauschalen will man das Gewicht der Fallpauschalen reduzieren und den Krankenhäusern so den wirtschaftlichen Druck nehmen.
Damit die Strukturreform gelingen kann, brauche es aber auch eine bessere Zusammenarbeit von Bund und Ländern, mahnte Gisela Sengl, Landesvorsitzende der Grünen, an.
Johannes Becher, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bayerischen Landtag, hatte bereits in der Begrüßung auf die hohe Emotionalität des Themas Gesundheitsversorgung hingewiesen und deutlich gemacht, wie sehr die Menschen vor Ort auf politische Antworten warten.
Den Bundesländern obliegt es, zu planen, wo welches Krankenhaus steht und welche Leistung dort angeboten werden soll. Eine Planung, die in Bayern noch nicht ausreichend stattfände, so Andreas Krahl, gesundheitspolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion: “Gesundheitspolitik ist zu wichtig für Populismus! Wir schaffen mit allen Playern zusammen eine Entwicklung, die genau eins fördert: Die bestmögliche Gesundheitsversorgung der Bürger*innen.” Er setzt sich auf Landesebene für eine tragfähige Planung ein, die Standorte einzelner Kliniken und deren angebotenes Leistungsspektrum festlegt. Präventionsmöglichkeiten und die Verschränkung der verschiedenen Sektoren müssen dabei genauso mitgedacht werden, wie die Anpassung und Einbindung der Rettungsdienste.
Die Vorsitzende der Bayerischen Grünen Eva Lettenbauer pflichtete ihm bei: “Söder und die Staatsregierung poltern, statt zu planen.” Lettenbauer forderte mehr Sachlichkeit in der Diskussion und Lösungen im Sinne der Patient*innen.
Eine bedarfsgerechte und vorausschauende Planung im Sinne eines interdisziplinären und sektorenübergreifenden Versorgungsnetzes sei sehr wichtig, betonte ebenfalls Dr. med. Christine Adolph vom Medizinischen Dienst Bayern, damit alle Patient*innen zum richtigen Zeitpunkt die für ihre aktuelle gesundheitliche Situation richtige Behandlung erhalten würden. Dies sei entscheidender als ein paar Minuten mehr Fahrtzeit zum passenden Kilinikstandort .
Bislang gäbe es in Bayern aber weder eine aktiv planende Landesregierung noch überhaupt die Grundlagen für eine offene Debatte. "Mit dem Finger auf Berlin zu weisen ist einfach, aber es geht immer auch um die Verantwortung vor Ort", sagte ver.di-Vertreter Dr. Robert Hinke. Man brauche dringend Zielbilder für die einzelnen Regionen Bayerns, um der Diskussion eine konstruktive Wende zu eröffnen. Eine Krankenhausplanung ohne Bedarfs- und Zielplanung sei keine Planung.
Zu guter Letzt durfte Engehausen, der alle bayerischen Kliniken vertritt, dann doch noch einen Wunsch nach Berlin schicken. Er wünsche sich das Bewusstsein, dass die Krankenhäuser, die sich aufgrund des demographischen Wandels und medizinischen Fortschritts längst mitten in Reformprozessen befänden, dafür einen verständlichen Finanzierungs- und Planungsrahmen benötigten und keine Experimente. Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz solle daher auf seinen wesentlichen Kern reduziert werden.